FAQs
Wer seid Ihr?
Wir sind die Band Kochkraft durch KMA und das Label Ladies & Ladys. Seit Anfang des Jahres arbeiten wir nun an diesem Sampler, den wir uns aus schierem Idealismus vorgenommen haben. Unterstützt werden wir von den teilnehmenden Künstler*innen und Bands sowie Janika Streblow, Kölner Künstlerin; Sonja „Sæm“ Trautmann von musicNRWwomen*; Mirko Gläser von Uncle M Music sowie Joe Joaquin, Mixer und Mastering. Schirmfrau ist Kulturstaatsministerin Claudia Roth.
Was bedeutet FLINTA+?
FLINTA steht für Frauen, Lesben, inter, nicht-binäre, trans und agender Personen. Das “+” für alle, die nicht cis-männlich sind und sich in den anderen Wörtern nicht wiederfinden. Schlichtweg alle, die aufgrund ihrer Geschlechtsidentität patriarchal diskriminiert werden.
Was sind FLINTA+-Bands?
Eine FLINTA+-Band ist folgerichtig eine Band, in der mindestens eins der Mitglieder FLINTA+ ist.
Warum ist dieser Sampler nötig?
Der Sampler ist nötig, weil es für FLINTA+-Personen immer noch schwer ist, in der Musiklandschaft wahrgenommen und respektiert zu werden. Genau darauf wollen wir aufmerksam machen.
Erhebungen vom deutschen Kulturrat und Keychange zeigen auf, wie krass die Zahlen und wie schwerwiegend die strukturelle Diskriminierung von FLINTA+-Personen in der Musikindustrie sind. (Anmerkung: die meisten Zahlen wurden für cis-Frauen erhoben, es fehlen weiterhin wichtige Daten für geschlechtliche Minderheiten und Diskriminierungsdimensionen wie Race, sexuelle Orientierung usw.)
•Gerade einmal 2 % der 600 kommerziell erfolgreichsten Songs wurden von weiblichen Produzent*innen produziert.
•Nur 16 % der registrierten Songwriter*innen sind weiblich.
•FLINTA+-Musiker*innen haben im Durchschnitt ein circa 25 % geringeres Einkommen als versicherte männliche Musiker*innen.
•Niedriger Frauenanteil in den Führungsetagen der Musikunternehmen.
•Bei 75 % der Musikunternehmen haben ausschließlich Männer die Führung inne.
•Bei 15 % der Musikunternehmen ist die Besetzung der Führungsetage gemischt.
•10 % der Musikunternehmen werden ausschließlich von Frauen geführt.
Gründe dafür, dass FLINTA+-Personen weniger sichtbar sind, sind ein Zusammenspiel aus sexistischen Stereotypen, die nach wie vor existieren, männliche Netzwerke, die eine Vetternwirtschaft betreiben und eine fehlende Risikobereitschaft von altbewährtem abzurücken.
Zu diesem Thema wurde 2021 im Rahmen des Reeperbahnfestivals eine großartige Studie veröffentlicht. Falls Du Dich für das Thema interessierst, schau gerne hier nach.
Warum kritisiert Ihr die Festivals Rock am Ring und Rock im Park?
Im Durchschnitt sind gerade mal vier Prozent der Personen, die bei Rock am Ring und Rock im Park auftreten, FLINTA+. Das hat eine Recherche von Music S Women* ergeben, bei der das Line-Up der letzten 10 Jahre ausgewertet wurde. Deshalb gab es schon vermehrt öffentliche Kritik an dem Booking des Veranstalters. Daraufhin teilte dieser lediglich mit, dass man da leider nichts tun könne und dass es nur Abbild der Realität sei.
FLINTA+-Personen machen aber natürlich weit mehr als vier Prozent unserer Gesellschaft aus, eine so extreme Zahl kann nur Ausdruck von Diskriminierung sein.
Das feministische Netzwerk female:pressure hat seit 2012 833 Festivals in 48 Ländern untersucht. Demnach liegt der Frauenanteil auf Festivals im Durchschnitt bei 28 %, der non-binäre Anteil liegt bei 1,6 %. Deutschland ist im Vergleich zu anderen Ländern sehr viel schlechter aufgestellt: Laut Auszählungen von musicNRWwomen* in den Jahren 2019 bis 2021 ist der Frauenanteil auf den größeren kommerziellen Festivals in aller Regel unter 20 %.
Was ist das Problem mit dem Line-Up bei Rock am Ring und Rock im Park?
RaR und RiP sind zwei der größten Festivals ihrer Art in Deutschland und haben dadurch eine ordentliche Signalwirkung. Die fast ausschließlich männlichen Line-Ups schließen aber FLINTA+-Personen von Bühnen aus und verhindern so für diese Gruppe ein unglaublich wichtiges Sprungbrett. So sind Festivalshows oft nicht das Resultat einer Karriere, sondern Teil ihres Beginns und die Möglichkeit vor einem großen Publikum zu spielen.
Abgesehen davon werden die Festivals von öffentlichen Geldern mitfinanziert, unter anderem von der »Initiative Musik« der Bundesregierung, also auch von unseren Steuergeldern.
Sollen nicht einfach die besten Bands bei Rock am Ring und Rock im Park spielen?
Klar, aber was denkst Du denn, was für Bands gefragt werden? Noch nie wurden nur die besten Künstler*innen gefragt. Die Musikindustrie ist eine große Blase, in der man sich kennt und empfiehlt. Ein bisschen so wie eine Vetternwirtschaft. Da reinzukommen, ist gar nicht so einfach und genau deshalb muss jetzt etwas getan werden.
Festivalshows sind oft nicht das Resultat einer Karriere, sondern Teil ihres Beginns und die Möglichkeit vor einem großen Publikum zu spielen. Ohne erste Festivalshows keine Erfahrung, kein Selbstvertrauen, keine Möglichkeit zu lernen, keine Referenzen und nicht die Chance, vor einem großen Publikum aufzutreten. Ein Teufelskreis.
Habt Ihr ein Problem mit Männern?
Ganz im Gegenteil, Teile von uns sind selbst auch welche. An diesem Sampler machen allerlei Menschen mit. Womit wir ein Problem haben, ist die Tatsache, dass FLINTA+ strukturell und auch individuell diskriminiert werden. Patriarchale Strukturen sind für jede*n Beteiligte*n von Nachteil, wir alle würden davon profitieren, wenn die Musikindustrie wirklich unsere Gesellschaft abbildet und nicht nur einen kleinen Teil davon.
Ist ein Sampler auf dem nur FLINTA+-Personen oder Bands mit FLINTA+-Anteil beteiligt sind nicht auch diskriminierend?
Guck mal in Deine Lieblings-Playlists? Wie viele davon sind rein männlich?
Wir würden auch viel lieber keinen Grund haben, um diesen Sampler zu machen. Aber hier sind wir nun mal und ohne eine deutliche Botschaft bekommt das Thema nicht die nötige Aufmerksamkeit, die es verdient.
Was passiert mit den Einnahmen?
Niemand von uns verdient auch nur einen Cent daran. Alle Erlöse aus dem Verkauf von Merch und die Einnahmen durch Spotify usw. gehen als Spende an den RaR/RiP-Veranstalter DreamHaus. Damit sie sich für das Jahr 2023 endlich mal eine Band mit FLINTA+ leisten können.
Sollten die Verantwortlichen diese nicht annehmen wollen, geht das eingenommene Geld in ein noch festzulegendes Förderprojekt zugunsten FLINTA+-Musikschaffenden.
Warum der doofe Titel „Cock am Ring“?
Auch nach vielen Diskussionen kamen wir zu dem Schluss, dass wir keine behutsam-korrekte Annäherung an die Problematik brauchen, sondern eine schrille künstlerische Brechung derselbigen, die auffällt und sich unangenehm anfühlt. Uns ist bewusst, dass wir damit allerdings nicht nur die Menschen in den Machtpositionen der Musikindustrie treffen und ihnen vor Augen führen, dass sie Teil des Problems sind, wenn sie nichts oder nicht genug für gelebte Diversität tun. Wir werden leider auch Menschen treffen, die selbst schon lange unter dem System leiden und durch diesen Titel einmal mehr die leidige Zweigeschlechtlichkeit des Systems vor Augen geführt bekommen.
Es braucht keine Einordnung in binäre Kategorien und wir finden, dass Stereotype wie "typisch Mann/typisch Frau" Menschen ausgrenzen und deshalb abgebaut werden sollten. Darum hat unser Cock Vielfalt im Blick. Der Hahn als Symbol des Kampfes, der laut kräht: Let’s be the change! Für Aufmerksamkeit gegen Diskriminierung in jeglicher Form, für bunte Vielfalt und gegen das Patriarchat.
Kurz gesagt: Wir haben uns für den Titel „Cock am Ring“ entschieden, weil er so scheiße ist. Denn wenn er nicht wehtut oder bewegt, dann spricht man auch nicht darüber. Das wollen und müssen wir erreichen, um etwas zu verändern und nur so besteht die Hoffnung, dass wir es Bubble-übergreifend hinter die eine oder andere Firewall der ideologischen Vorbehalte schaffen.
Warum covert Ihr die Männerbands?
Eine einfache Antwort: Aufmerksamkeit. Und ein unschlagbarer inhaltlicher Anknüpfungspunkt an Rock am Ring selbst.
Übrigens: Natürlich wissen wir nicht genau, ob sich die von uns männlich gelesenen Bands im RAR/RAR Line-Up, als Männerbands definieren. Plakativ geht es uns um Aufmerksamkeit.
Arbeitet Ihr hier nicht auch noch für die Männer, die dann GEMA-Einnahmen bekommen?
Natürlich bekommen die Urheber*innen ihren Anteil. Aber das ist auch vollkommen okay. Zum einen sind die Einnahmen, die darüber generiert werden, gering und zum anderen haben wir ja kein Problem mit Männern, die Musik machen. In den meisten Fällen sind wir ja auch Fans. Und wenn diese Musiker*innen mit ihren Urheberrechten Geld verdienen können – umso besser!
Könnt Ihr selbst keine Songs schreiben?
Doch klar, können wir. Schau doch mal in der Künstler*innen-Playlist vorbei: https://open.spotify.com/playlist/5V9wY5Jp2HypPBWvvOETpb?si=247b6ca3c7424234
Warum macht Ihr nicht einfach ein eigenes Festival?
Schön dass Du fragst! Das machen wir tatsächlich. Das Festival wird am 10. und 11. September in der Sputnikhalle, Münster, stattfinden. Dort spielt eine Auswahl an Künstler*innen vom Sampler, zum Beispiel Kochkraft durch KMA, Wenn einer lügt dann wir, Lisa Who, Metty, Lisa Spielmann, ELL, Schwester Ebra, Birgit Jones, Mina Richman, Becky Sikasa, Kapa Tult und Kat Kit! Darüber hinaus gibt es eine Reihe Workshops und Vorträge zum Thema.
Tickets gibt es hier.
Warum habt ihr genau DIESE 24 Bands/Künstler*innen ausgewählt?
Die 24 Bands sind nur der Anfang! Es gibt nämlich richtig viele tolle FLINTA+-Musikschaffende, von denen wir im Prozess sogar einige kennenlernen durften. Eigentlich müssten wir drei Millionen Sampler machen. Und dass das Argument, es gäbe schlicht nicht genug FLINTA+-Bands, nicht stimmt, haben wir hier sehr eindrucksvoll erfahren! Aber zurück zur Frage: Bei der Entstehung haben wir zuerst befreundete Bands und solche, die wir selbst gern hören, angeschrieben. Die Idee hat sich verselbstständigt und viele der Beteiligten haben dann weitere Künstler*innen angesprochen.
Wollt Ihr eigentlich selbst bei Rock am Ring oder Rock im Park spielen?
Klar, wir spielen natürlich auch selbst gern auf Festivals. Aber darum geht es hier nicht.
Kontakt
Das Team von Cock am Ring steht gerne für Auskünfte, Interviews etc. zur Verfügung.
www.instagram.com/cockamringofficial
Weiteres Presse- und Bildmaterial gibt es hier.
Partner*innen:
Quartiermeister*in, Bier
Mirko Gläser, Uncle M Music
Janika Streblow, Artwork
Mari van DUS, Grafiken
Sonja „Sæm“ Trautmann von musicNRWwomen*
Joe Joaquin, Mixer, Mastering